„Oh wie schön ist Panama“
Eines Abends, im Mai 2014, bekam ich eine Mail von meinem Kumpel J: „Hey Leo, alles klar bei dir? Lass mal dringend skypen, ich habe ne super coole Idee“. In unserem Skype-gespräch erzählte er mir von seinem Jaguarforschungsprojekt im Nationalpark Amistad, Panama, das er zusammen mit einem indigenen Stamm, den Nasos, unternimmt. Er fragte mich, ob ich nicht als Praktikant mitmachen möchte. Das würde bedeuten, ein ganzes Jahr in Panama, bei den Nasos, mitten im Dschungel leben, spanisch und eventuell auch die naso Sprache lernen, alles über ihre Kultur und Lebensweise erfahren und natürlich ständig durch den Dschungel laufen und Kamerafallen für das Projekt auf- und abzubauen. Ich war sehr erstaunt von seinem Projekt, es hörte sich nach dem Paradis auf Erden und nach einer unglaublichen Lebenserfahrung an. Fast hätte ich auch zugesagt, jedoch wollte ich mich im Juli, endlich bei der Universität in Klausenburg einschreiben. Nachdem ich schon 2 Jahre nach dem Abi, rumgereist bin und versucht habe eigenständig zu werden, fühlte ich den Drang ein Studium zu beginnen. Also entschied ich mich für einen Monat mit J durch Panama zu reisen.
Am 16. Juli packte ich einen großen Rucksack, am 17. Juli bin ich nach Klausenburg gefahren um bei dem Projekt Sommerschule von Gutenberg mitzumachen und am 22. Juli flog ich von Klausenburg nach Dortmund. Von Dortmund holte mich mein Cousin ab und brachte mich zum Flughafen in Frankfurt. Von dort flog ich erstmal nach Madrid, wechselte nochmal den Flieger und flog dann direkt nach Panama City (ungefähr 15 h). In Panama City angekommen übertraf mich erstmal eine Hitzewelle (Panama hat tropisches Klima), nachdem 15 Stunden lang nur kühle Luft der Klimaanlage im Flugzeug herrschte. Vom Flughafen nahm ich ein Taxi zum Terminal de buses Albrook und dort stieg ich in den Bus nach Boquete, ein Dorf auf zirka 1100m am Fuße des Vulkan Baru. Nach 8h fahrt in der Tiefkühltruhe (die Klimaanlagen in den Bussen sind unerträglich) kam ich irgendwann um 2 Uhr Nachts in Boquete an und schlief in dem Hostel Mamallena (kann ich nur empfehlen) in einer Hängematte draußen, weil irgendwelche Probleme aufgetreten waren. Die Nacht in der Hängematte war sehr angenehm und erholsam. Am Morgen weckte mich J und wir gingen erstmal schön Frühstücken. Das Essen in Panama ist sehr lecker und der Kaffee ist am besten, da Panama eines der bekanntesten Kaffeeanbauländer ist. In Panama gibt es viele Leckereien: Tortilla de mais, Hojaldras (frittierter Teig), Patacones und Platanos (Kochbananen), sehr viel Reis, Bohnen und Linsen, Kartoffeln, Yuca und andere Süßwurzeln, Fleisch und sehr viele Früchte.
In Boquete waren wir ungefähr eine Woche. Wir haben eine Kaffeetour gemacht bei einem lokalen, ökologischen Kleinbauern. Er hat uns gezeigt wie der Kaffee von den Pflanzen in die Tasse gelangt. Wie die Bohnen ordentlich getrocknet und geröstet werden, um das volle Aroma in der Tasse zu haben. Ich hätte nie geglaubt, dass schwarzer Kaffee so lecker sein kann. Außerdem ist mir bewusst geworden, wie leicht die Großkonzerne uns verarschen indem sie uns schlechte Qualität, durch simple Tricks, teuer verkaufen und dadurch auch den ökologischen Kleinbauern das Leben schwer machen. Diese Tour kann man beim Hostel Mamallena buchen. Eine andere schöne Tour war der „Sendero de los Quetzales“, mit einem sehr guten Wanderführer namens Feliciano Gonzales. Feliciano kennt jede Pflanze, jedes Tier, jedes Insekt und alle Tiergeräusche. Er erzählt einem alles von seinem Land, die guten jedoch auch die schlechten Seiten und man wird von der Liebe, die er zu seinem Land und zur Natur pflegt, erfasst. Mit ein bisschen Glück kann man auch den Quetzal bewundern, der Göttervogel der Mayas.
Unsere Reise verlief weiter an die Pazifikküste, nach Santa Catalina, ein kleiner Ort, der als Surfer Paradis gilt. Dort unternahmen wir unsere erste Tauch-experience. Mit Tauchanzügen und Gasflaschen ausgestattet fuhren wir auf einem Boot in die Nähe der Isla Coiba. Unser Tauchlehrer Cedric zeigte uns kurz wie alles funktioniert und worauf man beim Tauchen achten muss, dann stürzten wir uns kopfüber in die Tiefen des Pazifischen Ozeans. Tauchen ist ein magisches Erlebnis, die Stille der Tiefen des Ozeans mit seiner Artenvielzahl von bunten Fischen in verschiedenen Größen, eine Moräne, die mit offenem Mund aus einer Felsenspalte starrt, ein Seepferdchen, das sich geschmeidig um eine Pflanze umherschwingt und drei Weisspitzhaie, die uns aus nicht allzugroßer Entfernung beobachten und anschließend an uns vorbeischwimmen und in der Dunkelheit verschwinden. Dann sah man wie das Licht der Oberfläche immer heller wurde und plötzlich tauchten wir alle der Reihe nach aus dem Wasser auf. Cedric lies uns auf der Isla Coiba, eine Insel auf der früher die Schwerverbrecher ausgesetzt wurden, heute ein Nationalpark, idyllisch, ruhig und streng geschützt. Wir übernachteten in den Lodges des Nationalparks, früher eines der Gefangenen Lager der Insel und am nächsten Tag machten wir ne kurze Wanderung mit einem Wanderführer des Parks. Der Dschungel war voller Tiere, ab und zu sah man Kapuziner Äffchen und Agoutis, man hörte eine Menge Vögel (Panama hat um die 970 verschiedene Vogelarten) und manchmal auch das Brüllen der Brüllaffen. Spannend waren auch die Geschichten der früheren Gefangenen auf dieser Insel, die unser Guide intus hatte.
Es ging weiter nach Panama City, wir holten dort die 2 Praktikantinnen ab und fuhren mit ihnen nach Bocas del Toro, genauer gesagt, nach Changuinola, wo ein paar Naso schon auf uns warteten. Aus Changuinola mussten wir zum Rio Teribe, von wo wir mit dem Boot den Fluss aufwärts fahren mussten um zu der Naso Stadt „Sieykin“ zu kommen. Ich fand mich wieder in einer Sträusiedlung mit einfachen, wunderschönen Holzhütten. Es gab kein Strom, kein Internet, kein fließendes Wasser. Die Hütten waren sehr luftig gebaut, die Balken und der Fußboden bestanden aus mehreren Palmarten und das Dach aus deren ineinander geflochtenen Blättern. Wir kamen auf den Dorfplatz wo sich eine Menge Leute versammelt hatten um uns zu begrüßen. Die Dorfkinder kamen, noch in Schulkleidung angezogen, angerannt und hüpften J in den Arm, nahmen ihn an den Händen und liefen voller Freude um uns her. J war schon oft bei den Nasos und wird von ihnen viel geschätzt. Es gab eine Ankunftsfeier bei der wir ein paar Spielchen mit den Dorfkindern spielten. Anschließend führten ein paar Nasos einen traditionellen Tanz vor. Dann hielt der Dorfhäuptling noch eine Rede in der er seinen Dank aussprach und wir wurden zum Essen gebeten, es gab Reis mit einem essbaren Farnengewächs, lecker!! Dann ging es zu unserer Gastfamilie Orlando mit seiner Frau Leticia und ihren Kindern. Sie wohnten in einem etwas größeren Haus, welches von Orlando, seinem Vater und anderen Naso selbst gebaut wurde. Am Abend gingen wir rüber zu Adolfo, dem „Vorsitzenden“ von „Odesen“. Wir besprachen das Projekt und die nächsten Tage. Mit dem Projekt „DBÖN TJANG PJAK YO“ (dbön tjang bedeutet Jaguar) möchte man versuchen den Regenwald und dessen Bewohner langfristig zu schützen. Hierfür kooperiert J mit dem gemeinnützigen Verein für Tierartenschutz „First Aid for Wonderful Nature e.V.“ und „Odesen“ die Organisation der Naso.
„ Ziel: Aufnahme von Kamerafallenvideos des Jaguars und Dokumentation der Artenvielfalt im historischen Siedlungsgebiet der Naso entlang des Flusslaufes Rio Teribe.
Aktion: 10 Kamerafallen werden über den Zeitraum von einem Jahr in insgesamt 11 Gebieten entlang des Rio Teribe für jeweils einen Monat aufgestellt. Die Kameras zeichnen ein 10 Sekunden Video von jedem Lebewesen auf, welches den Bewegungs- und Wärmesensor der Kamera auslöst.
Ergebnis: Die Videos zeigen ein zu schützendes, intaktes Ökosystem mit einer großen Artenvielfalt und einer gesunden Jaguarpopulation. Die “live” Einblicke in die “Privatsphäre” dieser Tiere wecken Empathie für die Existenz und den Schutz dieser Lebewesen und der dort lebenden Naso.“
(Quelle: HYPERLINK „https://dbontjang.wordpress.com/“ https://dbontjang.wordpress.com/)
Während der Woche stellten wir die Kameras ein und testeten sie. Wir unternahmen Wanderungen um geeignete Plätze zu finden wo man die Kameras aufstellen kann, ab und zu liefen uns auch mal wilde Tiere über den Weg und man traf ständig auf Spinnen und Moskitos und andere Insekten. Eines Morgens überraschte mich ein Skorpion der im inneren meines Moskitonetzes chillte. Wir machten einen Rundgang durch Sieykin, liefen über die Kakao-,Bananen- und andere Plantagen, besuchten einen der älteren Naso, welcher uns die Jagdtechnik mit Pfeil und Bogen zeigte. An einem Tag nahmen wir uns frei und badeten mit den Kindern im Fluss Teribe, wo Orlando uns zeigte, wie er mit einer selbstgebastelten Harpune fischt. Die Nächte bei den Naso waren der Hammer. Die Geräusche der Insekten und der Tiere, zusammen mit der Tiefe des Universums und wahrscheinlich auch meiner Fantasie, waren so intensiv, dass sie nach längerem zuhören wie eine Art Goa Musik in den Ohren klangen.
Es war eine wunderschöne Zeit aber nun näherte sich der Abschied. Ich verlies die Naso, J und die Praktikantinnen Marie und Johanna, um noch eine Woche alleine zu Reisen. Ich besuchte die Insel Colon an der Karibikküste. Hier lies ich es mir nochmal gut gehen. Ich fand ein cooles Hostel namens Mar e Iguana, machte einen Surfkurs, wanderte nochmal mit einem Guide durch den Inseldschungel und sah Tucane. Ich traf auf eine coole Gruppe von Spaniern mit denen ich meine Nächte verbrachte und so kam ich dem Abschluss meiner Reise immer näher. Ich fuhr zurück nach Panama City mit Zwischenstopp in Boquete.
Der Rückflug war angenehmer als der Hinflug. Ich schlief den ganzen Flug durch und wachte nur bei den Mahlzeiten auf. Das Geld hat mir bis zum Flughafen in Dortmund gereicht, von wo ich zurück nach Klausenburg fliegen sollte. Da ich aber nirgends die Möglichkeit hatte mein Onlineticket auszudrucken, verlangten die Schweine von „Wizz-Air“ (die Fluggesellschaft mit der ich fliegen musste) noch 35 € zusätzlich von mir. Ich habe versucht ihnen meine Situation zu erklären aber sie wollten nicht zuhören, schrien mich stattdessen an und ließen mich nicht in das Flugzeug einsteigen. Also sah ich zu, wie mein Flugzeug, ohne mich nach Rumänien flog. Gottseidank ist Dortmund nicht allzu weit von Siegen entfernt, also holte mich meine Cousine ab. Ich bekam Geld, von meinen Eltern überwiesen, um mir einen neuen Flug zu buchen. Diesmal buchte ich „Tarom“, welche eine anständige und professionelle Fluggesellschaft ist. Der Flug war zwar ein wenig teurer aber man hat alles inklusiv und muss nicht für jeden Quatsch extra draufzahlen wie bei „Wizz-Air“.
Reisebericht von Leonard Kurmes